Gesichter der Gesellschaft

Olaf Kühl

Geburtstag

16. April 1955.

Beruf

Slawist (Literatur- und  Sprachwissenschaftler), Ost­europa-Historiker. Studium an der FU Berlin. Seit 1982 als literarischer Übersetzer und Kritiker tätig. Von 1988 bis 1996 im Sprachendienst der Senats­kanzlei Berlin (für Russisch, Polnisch, Serbokroatisch und Englisch). Seit 1996 Referent des Regierenden  Bürgermeisters für Rußland und GUS, und zwar im Referat des "heimlichen Außenministers" und stellvertretenden Protokollchefs von Berlin, Senatsrat Michael Bruch. Insgesamt schon für drei Regierende gearbeitet: Momper, Diepgen und Wowereit.

Familie

Verheiratet mit der Architektin Elżbieta Nowakowska-Kühl (seit 1980, also bald auch ein Jubiläum). Kinder: Alexander, geboren 1981, und Magdalena, geboren 1982, beide studieren.

Freizeit

Langstreckenlauf im Grunewald. Entspannen auf dem Land in Dominikowo (deutsch "Mienken", im Nationalpark der Drawa in Hinterpommern). Klavierspielen, improvisiertes Singen von Gedichten Anna Achmatowas.

 

Seit wann in der DPGB?

Seit 2002.

 

Warum?

Eigentlich wegen meiner Frau, die sich sehr für die Entwick­lung der Beziehungen Stettin-Berlin einsetzt und zahlreiche Kulturprojekte initiiert hat. Zuletzt hat sie den Verein „Klub Storrady" e.V. gegründet, der seinen Sitz im ehemaligen Totengräberhäuschen auf dem französischen Friedhof in Stettin hat.

Schönstes Erlebnis?

Ich nehme leider nicht so intensiv am Vereinsleben teil, dass ich da eine große Auswahl hätte. Außerhalb der DPGB die Lesereisen mit meinen Autoren, besonders Andrzej Stasiuk und Dorota Masłowska.

Welche größte Schwierigkeit gemeistert?

Daß ich als Protestant bei meiner kirchlichen Trauung 1980 in Stettin die Worte des katholischen Priesters nachsprechen musste und das trotz damals nicht so guter Polnischkenntnisse geschafft habe.

 

Schon mal in ein deutsch-polnisches Fettnäpfchen getreten?

Kann mich nicht erinnern. Dazu kenne ich die Polen wahr­scheinlich schon zu gut.

Was lieben Sie am meisten an Polen?

Die Begabung, die kleinen, angenehmen Dinge des Lebens zu genießen. Und die geistige Offenheit. Viele Bücher deutscher Autoren habe ich erst in polnischer Übersetzung in polnischen Buchhandlungen entdeckt.

Was können Deutsche von Polen lernen?

Weniger meckern, nicht so sehr in Selbstmitleid versinken. Geistig und überhaupt beweglicher werden. Die Polen hatten nach der Wende nicht so gute Ausgangsbedingungen wie die neuen Länder und haben es wirtschaftlich und mental trotz-dem schon weiter gebracht.

Olaf Kühl ist der deutsche Preisträger des diesjährigen Karl-Dedecius-Preises der Robert-Bosch-Stiftung. Er wurde für seine hervorragenden Übersetzungen polnischer Literatur ins Deutsche ausgezeichnet.

 

Quelle:

Infodienst „Spotkanie“ der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Berlin e.V., Ausgabe Nr. 2 / Juni 2005