Das Gombrowicz-Genom

Witold Gombrowicz Dorota Masłowska Olaf Kühl
Collage © Similitudo

von Olaf Kühl
Erschienen in: Amicus Poloniae. Teksty ofiarowane Heinrichowi Kunstmannowi w osiemdziesiątą rocznicę urodzin. Redakcja Krzysztof Ruchniewicz, Marek Zybura. Wrocław 2009, S. 249 - 260.

 1.
    Der ominöse Sohn, der im letzten Band des Tagebuchs von Witold Gombrowicz aus dem Dunkel Argentiniens auftaucht, ist ein literarischer Mythos, ein großer Spaß, den sich der alternde Autor gegönnt hat:

    „Ein Brief von Basilio aus Argentinien, dass ‚Henryk’ bereits auf einem Schiff der Linie C nach Cannes unterwegs sei, um mir ‚eine Überraschung zu bereiten’. ???“ (14.IX.1967[1])

Angeblich gezeugt mit einer gewissen Rosa, ist dieser „Sohn der unklaren Mulattin“, das Produkt „einer Hotelnacht, die in der Nacht des Vergessens versunken ist,“ eigentlich nur ein Schreckbild:

„Aus leerem Dunkel taucht der Sohn auf!“ (S. 974).

Ganz offensichtlich ist die Elternbeziehung etwas, das für Gombrowicz die sirrende Erotik der zwischenmenschlichen Beziehungen als simplen Lockköder desavouiert:

Bezaubert von dem Mädchen und von sich mit ihm, berührt es der Junge kaum, da wird er schon Vater, und sie Mutter - das Mädchen ist also ein Geschöpf, das scheinbar Jugend praktiziert, in Wirklichkeit aber der Liquidierung von Jugend dient.“

Aber auch umgekehrt, als Sohn der eigenen Mutter, fühlt er sich nur schön, wenn er sie nicht liebt, und am besten, wenn sie gar nicht da ist:

"Ach, diese Liebe zur Mutter! Diese Liebe zur Mutter! Dabei ging es mir nicht um die erwähnte kasuistische Moral. Es war eher ein ästhetischer Imperativ, die Forderung nach einer neuen Schönheit, einer gewissen, sagen wir, 'jungen' Schönheit, die mir ins Ohr raunte: Wenn du sie liebst, bist du hässlich; schön und frisch, frei und vital, modern und poetisch bist du, wenn du sie nicht liebst... als Waise bist du schöner denn als Sohn deiner Mutter."[2]

Bei dieser Einstellung ist es eigentlich unerheblich, ob Witold Gombrowicz nun leibliche Kinder hatte. Das hätte einfach nicht gepasst zu ihm, dessen ganzes Selbstbild auf der Ästhetik des Sohnes basierte und der sich ja in Trans-Atlantik gerade dezidiert für den Vorrang des Sohnlandes über das Vaterland ausspricht:

Habe nie im Leben daran gedacht, einen Sohn zu haben. Und eigentlich ist es mir ziemlich egal, ob ehelich oder unehelich. Meine geistige Entwicklung, meine ganze intellektuelle Evolution haben dieses Dilemma obsolet für mich werden lassen. Daß nun so ein Halbmulatte zärtlich Papa zu mir sagt... Woher, wie, weshalb?...“ (Tagebuch, S. 974).

2.
    So hat Gombrowicz zwar keine leiblichen, aber sehr wohl geistige Nachfahren. Geistig lebt er auch in der jüngsten Generation weiter. Und jede neue Autorengeneration muss sich zu diesem Übervater irgendwie – bewusst oder unbewusst - in einen Bezug setzen. Vor der Frage, wo sich dieses geistige Erbe in der jüngsten Literatur besonders vital entwickelt, muss die Überlegung stehen, was Witold Gombrowicz eigentlich zu vererben hat, was seine Literatur so dauerhaft, so immer wieder neu lebendig macht?

Ein Indiz für diese Vitalität ist die Tatsache, dass er im Grunde bis heute nicht verdaut worden ist. Die Interpreten vermögen ihn nicht zu schlucken. Wo Zitate oder Teilmengen seines Denkens, wie der französische Strukturalismus, längst ad acta gelegt sind, steckt Witold Gombrowicz dem abendländischen Denken noch immer wie eine Gräte quer im Hals. Das liegt nicht zuletzt daran, dass er sich nicht auf eine Lehrmeinung festnageln ließ und gerade die Uneindeutigkeit zu seinem Leitbegriff gemacht hat. Es ist nicht so, dass das Abendland daran ersticken würde wie die Iwona in seinem gleichnamigen Drama. Es sind ja ohnehin nicht mehr die geistigen Fragen, an denen das Wohl und Wehe der modernen Gesellschaft hängt. So sehen wir keine großen, von Gombrowicz verursachten Erstickungsanfälle. Aber ist nicht auch das schon wieder typisch für seine Wirkungsweise – das Laue, Nichtzugespitzte, Entspannte („wie Aspirin“)? Gombrowiczs Gift oder - je nach aufnehmendem Organismus – sein Aphrodisiakum wirkt langsam, aber langfristig.

Das kann man zum Beispiel an der Rezeption der Iwona, Prinzessin von Burgund ablesen, eines Stücks, an das die Regisseure auf deutschsprachigen Bühnen sich in jüngster Zeit wieder vermehrt heran wagen.

Die Geschichte der Iwona reizt vermutlich gerade deshalb zu immer wieder neuer Auseinandersetzung, weil sie so unbestimmt ist, so aufnahmefähig für alle Arten von außen herangetragener Deutungen. Die – auch von Gombrowicz selbst beförderten – Interpretationen sind bekannt. Iwona stört die Ordnung bei Hofe, provoziert bis zur Weißglut – und zwingt dadurch am Ende selbst zu ihrer eigenen Beseitigung. Aber warum eigentlich ist das so? Mit einem schlappen Frauenzimmer dieser Art ist der geölte Apparat der höfischen Aristokratie doch noch immer diskret fertig geworden. Keine Sünde, keine Perversion können so groß sein, dass das Establishment sie nicht irgendwie in sein System integrieren und verdauen könnte. Wenn sie eine Revolutionärin wäre und zum Umsturz am Hof aufriefe, wäre sie längst nicht so provokant. Auch Józio in Ferdydurke hätte seine adligen Onkel auf dem Land weniger verärgert, wenn sie seine vielbeschworene „Verbrüderung“ mit dem Bauernknecht als „Homosexualität“ hätten definieren und abtun können. Nein, der Stein des Anstoßes ist in beiden Fällen, und überall bei Gombrowicz, gerade das Unbestimmte.

Heinrich Kunstmann spricht in diesem Zusammenhang von der „Vieldeutbarkeit“: „Daher ist die Zeremonie wie das Lachen vieldeutbar.“ Und weiter: „Ausgenommen die kindliche Yvonne, posiert in der Tat alles in dem Stück: Der Hof in seiner verzückten Naturbewunderung, Königin und König in ihrem Edelmut gegenüber Bettlern, die jungen Adeligen im Jagen nach Mädchen, die Tanten in ihrem Wohlwollen gegenüber Yvonne. Weder vor der Liebe noch vor der Kunst, ja nicht einmal vor der Trauer über den Tod eines Menschen macht der Mechanismus der Flachheiten halt. Der Mensch, hinter einem Ritual verlogener Formen verschanzt, ist sich selber fremd geworden.“ (Programmheft zur Aufführung von Yvonna, Prinzessin von Burgund, am 12. April 2008 im Stadttheater Bern).

Wie man sieht, verlangt das Unbestimmte, oder die „Vieldeutbarkeit“,  immer sofort nach hermeneutischer Vereindeutigung. Kunstmann gibt hier der Dichotomie „Kunst / Künstlichkeit vs. Natur“ den Vorzug. Die kindliche, naturhafte Iwona provoziere den gekünstelten, in Zeremonien erstarrten Hof.

Aber möglich sind viele andere Deutungen. Man kann in dem Stück auch des Prinzen Abneigung gegen das und die Angst vor dem Weiblichen sehen, an der sie letztlich sterben muss. In Gombrowiczs ganzem Werk gibt es nirgends eine direkt besungene heterosexuelle Verbindung. Im Gegenteil, sobald der männliche Held sich in eine Frau verliebt, sich gar mit ihr verlobt – ist es um sie geschehen. Diese Angst vor der Frau als psychologisches Motiv zeigt sich aber in Iwona nur in Andeutungen, lässt sich nur indirekt erschließen, ebenso wie die Angst vor Lena in Kosmos oder Zuta in Ferdydurke. Dadurch bleibt der Grund für die Ermordung Iwonas ein Rätsel – und somit ein weites Feld für die Interpretation, gefundenes Fressen für jeden Regisseur, der sich an diesem Stück versuchen will.

Die Unbestimmtheit ist nicht mit Belanglosigkeit gleichzusetzen. Im Gegenteil, sie ist Stein des Anstoßes, und sie signalisiert etwas Bedrohliches in der Welt. Hinter ihr steckt der Wirklichkeit quasi eine Gräte im Hals. Diese geheime Querstrebe in der Konstruktion der Realität bringt das ganze Weltbild aus dem Gleichgewicht, aus der Achse. Der japanische Konzeptkünstler Akasegawa Genpei hat das in anderem Zusammenhang einmal so formuliert:

„[...] in jedem einzelnen Punkt stimmt die Logik. Die Menschenrechte und die Demokratie und noch manches andere mehr fügt sich logisch stimmig zusammen. Man sollte erwarten, dass auch das Ganze richtig ist, aber plötzlich merkt man, dass bei dem Ganzen irgendetwas schief ist. Obwohl alles logisch stimmig sein sollte, gerät doch die ganze Welt in den Sog eines aus logischem Blickwinkel nicht sichtbaren Strudels.“ (Akasegawa Genpei, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 27.12.1999).

Dies ist eine treffende Beschreibung für das Bedrohliche jener Stimmigkeit (składność), die in Gombrowiczs Welt für die glatte, aber unzuverlässige Fassade steht. Dass Witold in Kosmos die von ihm heimlich verehrte Lena erhängen will, geht folgerichtig aus der Symmetrie des Hängens und Erhängens im ganzen Roman hervor – es ist stimmig. Fragen nach der psychologischen Motivation (Angst vor der Frau) erübrigen sich hier. Die Stimmigkeit funktioniert als verbergende Struktur. Aber sie macht – wie Genpei beschreibt - auch Angst, weil die Fassadenhaftigkeit den Instinkt, den gesunden Menschenverstand letztlich doch nicht hinters Licht zu führen vermag. Derartige glatte Fassaden erschrecken Gombrowicz, weil er die dicht darunter lauernde Katastrophe ahnt. Im Diarium vom Rio Parana ist die ganze Flussfahrt geprägt vom Erlebnis einer solchen angsteinflößenden Oberfläche:

 „Aber er redete gerade deshalb (dieser Gedanke läßt mich nicht los), um es nicht zu sagen... ja, um nicht zu sagen, was er tatsächlich zu sagen hatte. Ich sah ihn an, doch war nichts zu merken, ein heiteres Antlitz, Sätte und Behagen, ohne eine Spur von Geheimnis.“ (Tagebuch, S. 338)

„Was also war geschehen? Nichts. Das ist das ganze Geheimnis.“ (S. 340).

Aber gerade deshalb, ja, gerade deshalb sind wir völlig wehrlos... gegen das, was uns bedroht... wir können nichts unternehmen, denn es gibt nicht den geringsten Grund zur leisesten Sorge, alles ist völlig in Ordnung... ja, alles ist in Ordnung... bis unter dem unwiderstehlich gewordenen Druck die Saite reißt, reißt, reißt!...“ (S. 340)

Ein mögliches Raster für die Fahndung nach Gombrowiczs geistigen Kindern in der jüngeren polnischen Literatur wäre deshalb die Suche nach einer vergleichbaren Aktualität der Doppelbödigkeít, des Spiels zwischen Oberfläche und Verborgenem, im weiteren Sinne auch der Ironie allgemein.

3.
    Geht man dieser Frage nach, so stellt man fest, dass das „Verquere“ an Gombrowicz, wie man den amerikanischen Slangausdruck für „schwul“ = „queer“ auch übersetzen könnte, zwar aufs engste mit der Homosexualität zusammen hängt, aber nicht zwangsläufig aus ihr selbst hervor geht - und sich auch nicht in ihr erschöpft. Paradoxerweise veranschaulicht das gerade jene kämpferisch emanzipatorische Richtung unter den Schwulen, die für Gleichberechtigung und Gleichbedeutung in allen Belangen kämpft. In ihrem Wunsch, endlich als normal akzeptiert zu werden, begibt sie sich freiwillig der eigenen Widerständigkeit. Auch in Polen findet man neuerdings Autoren, die so sehr auf politische Korrektheit und die Anerkennung ihrer abweichenden sexuellen Wünsche erpicht sind, dass sie gerade die Abweichung – die als verborgener Riss im Ganzen den Reiz des Gombrowicz’schen Universums mit bestimmt - vollständig nach außen kehren, offen legen und gleichzeitig integrieren, so dass alles Rätselhafte, alles Sperrige daran verloren geht.

Der Autor Bartosz żurawiecki etwa beschreibt in seinem Roman Drei Herren im Bett, die Katze nicht zu vergessen schwule Zweier- und Dreierbeziehungen und Affären im Großstadtmilieu als maßstabsgetreue Kopien heterosexueller Yuppie-Verbindungen und lässt von Karriereproblemen über die Qual des Möbelkaufs bis hin zur ehelichen Untreue kein einschlägiges Thema aus, das nicht auch die Soap-Operas schon verwurstet hätten. Als weibliches Äquivalent dazu kann Ewa Schilling mit süßlich-tragischen lesbischen Liebesromanen wie Akacja gelten. Hier zeigt sich, dass die Art der erotischen Begierde selbst noch keineswegs etwas über die Widerständigkeit der von ihr inspirierten Literatur sagen muss. Diese Autoren scheinen nichts weiter zu begehren als die endgültige Anerkennung ihrer Normalität, um desto ruhiger Lebensidealen folgen zu können, die den kleinbürgerlichen Hetero-Idealen nicht an Spießigkeit nachstehen. Gombrowicz hätte mit solchen Autoren nicht viel anfangen können. Er bewunderte insgeheim die gewaltverliebte Literatur eines Jean Genet. Im Vergleich zu seiner verborgenen, im Untergrund wühlenden Begierde sind die genannten Schreiber zahnlos und zahm.

Ein anderer jüngerer Autor, der sich die eigene Homosexualität auf die literarischen Fahnen geschrieben hat und damit auch in Deutschland erfolgreich ist, nimmt sich im Vergleich dazu wie der leibhaftige Satan aus, wie Jack Nicholson im Club der Teufelinnen, der in das scheinheilige Paradies einbricht und die Sitten verdirbt. Michał Witkowski zeigt in Lubiewo und Barbara Radziłłiwówna z Jaworzna-Szczakowej sowohl den Biss als auch die literarischen Qualitäten, um zumindest als ferner Verwandter von Gombrowicz durchgehen zu können.

Witkowski ist ein bewusster Vertreter des sogenannten „Camp“, jener Art von Erlebnisweise (sensibility) und Empfindsamkeit, die Susan Sontag in ihrem Aufsatz Notes on Camp (Anmerkungen zu ‚Camp’) 1964 beschrieben hat. „Camp sieht alles in Anführungsstrichen“, führt Sontag unter Punkt 10 ihrer Definitionsliste auf[3]. Witkowski zeigt in seinem bekanntesten Buch Lubiewo, dass er die Theorie dieser Erlebnisweise sehr wohl verinnerlicht hat und bewusst verwendet: „Unter ‘waschechten’ Heteros gibt es keinen Raum für Ironie, für Spiel, Gänsefüßchen, Stilisierung, ganz zu schweigen von Camp.“[4]  Auch Camp ist eng mit der Homosexualität konnotiert, er ist aber keine Ästhetik, die auf diese Gruppe beschränkt wäre:

„Zwar wäre es falsch zu sagen, dass der Camp-Geschmack mit dem Homosexuellen-Geschmack identisch sei; aber zweifellos gibt es zwischen beiden eine eigentümliche Verwandtschaft und mancherlei Überschneidungen. [...] Die beiden bahnbrechenden Kräfte der modernen Erlebnisweise sind der moralische Ernst der Juden auf der einen, der Ästhetizismus und die Ironie der Homosexuellen auf der anderen Seite.“ (op.cit., S. 57).

Witkowski aber macht sich süffisant über das gesellschaftskritische Pathos und den Ernst anderer Autoren lustig:

„Sie stecken bis zu den Ohren in ihren gesellschaftlichen Rollen, und da kommen wir ihnen mit unseren Transgressionen, Metamorphosen und Verkleidungen“ (aaO.).

 

4.
    Tatsächlich unterscheidet Witkowski gerade diese Verspieltheit, die einer gewissen Angriffslust nicht entbehrt, substantiell von Autoren, denen der Ernst ihres Anliegens wichtiger ist als das literarische Spiel. Dieser Ernst geht mit einem neuen Pathos gesellschaftlichen Engagements einher.

        Mit dem Zusammenbruch des Sozialismus war den meisten Intellektuellen auch ihr klares Feindbild verloren gegangen, sie fanden sich in einer vieldeutigen Wirklichkeit zunächst ohne Orientierung. Es brauchte eine gewisse Zeit, bis die plötzliche Freiheit und Buntheit der Warenwelt ihre Betäubungswirkung verloren hatte und der kritische Blick auf das Neue ermöglicht wurde. Die sich herauskristallisierende Gesellschaftskritik knüpfte in manchem an westliche Muster an, berief sich auch auf Vorläufer in der polnischen Zwischenkriegszeit. Es gibt eine Reihe von Autoren, die man als sozial Engagierte und aufrecht Empörte bezeichnen könnte – Autoren also mit einem Habitus, der dem perfiden Unernst eines Witkowski diametral entgegen gesetzt ist. Stellvertretend seien Mariusz Sieniewicz oder Sławomir Shuty genannt. Sie scheinen von vornherein zu wissen, woran die neue Wirklichkeit krankt, was am gesellschaftlichen System (Ausbeutung, Ksenophobie, Frauenfeindlichkeit) zu ändern sei und worin das Übel wurzelt (Shuty: natürlich im amerikanischen Kapitalismus). Und sie sagen das dem Leser gerade heraus - und eindeutig. Damit befinden sie sich am entgegengesetzten Ende einer fiktiven Skala der Gombrowicz’schen Uneindeutigkeit. Dies gilt auch dann, wenn Sieniewicz und andere sich sprachlich von Gombrowicz inspirieren lassen; ihr naiver aufklärerischer Impetus läuft dem zuwider. Als Theoretiker wäre Sławomir Sierakowski hierher zu rechnen. Aber das gesellschaftliche Engagement garantiert noch keine literarische Qualität. Shuty ist ein anregender Performance-Künstler, sein Bankerroman Zwał aber ist nur eine blasse, ja nicht einmal Kopie der Angestelltenromane von Robert Walser.

Der gesunde Stamm der polnischen Prosa verhält sich recht eigentlich indifferent zu den Kriterien der genannten Skala. Er besteht nach wie vor aus jener Gruppe verlässlicher und auch in Deutschland gut eingeführter Autoren, die man als solide Prosa-Handwerker bezeichnen könnte – Schreiber wie der brillante Kopf Stefan Chwin oder der etwas einfacher geschnitzte Paweł Huelle. Sie sind des Camp nicht verdächtig. Allerdings gefährdet sie eine andere,  berechnendere Art der Spielerei, die Paweł Dunin-Wąsowicz kritisch als „Deutschtümelei“ bezeichnet hat[5]. Je größer der Erfolg auf dem deutschen Markt, desto größer wird offenbar die Anfälligkeit für diese Art des Entgegenkommens an die Erwartungshaltungen des Nachbarlandes. Aber was man einem Krimiautor wie Marek Krajewski und anderen „zweitrangigen“ (um einen Begriff zu zitieren, den Gombrowicz immer genüsslich benutzte) Autoren noch durchgehen lassen wollte, ist in der besseren Liga, selbst wenn sie nicht zur Weltliteratur zählt, unverzeihlich.

             Natürlich ist es keine Frage des Geschlechts, wer als geistiger Nachkomme von Witold Gombrowicz gelten darf.

            Von den Frauen der ersten Nachwende-Generation hat sich Olga Tokarczuk wohl am stabilsten positioniert. Vom Publikum geliebt, von der Kritik mit Seitenhieben versehen, kämpft sie gegen den Stereotyp Frauenliteratur an, dem sie zu ihrem eigenen Verdruss oft zugeordnet wird. Gombrowicz hat in solchem Zusammenhang böse von einer „rührselige[n Menschenfreundlichkeit des Frauenvölkchens“ gesprochen und würde sich das vermutlich auch heute nicht verbieten lassen (Tagebuch, S. 22). Obwohl es in ihrem neuesten Buch Bieguni winzige, leicht übersehbare Symptome, fast Versprecher für eine Vertauschung der Geschlechterrollen gibt, ist dieser Autorin die männliche Erzählhaltung verwehrt. Sie flieht in eine merkwürdig übergeschlechtliche Perspektive weiblichen Alterns und weisen Alters. Während bei Gombrowicz das homosexuelle Begehren im Untergrund wühlt und die Fassaden erzittern lässt, scheint bei Tokarczuk die körperlich-sexuelle Leidenschaft insgesamt in den Untergrund gedrängt zu sein. Den Anfechtungen des Sexus setzt sie die über solche Niederungen erhabenen Archetypen eines C.G. Jung entgegen. Nur auf den ersten Blick ist diese Übergeschlechtlichkeit mit Gombrowiczs Wunsch nach einer Transsexualität verwandt, die ihn aus einer verengerten Männlichkeit befreien würde:

„Um das zu verhindern, mußte ich mir eine andere Position suchen - jenseits von Mann und Frau - die trotzdem nichts mit dem dritten Geschlecht zu tun hätte - eine transsexuelle und rein menschliche Position, von der aus ich diese stickigen und geschlechtsverseuchten Gefilde ventilieren konnte. Nicht vor allem Mann sein - Mensch sein, der erst in zweiter Linie Mann ist - sich nicht mit der Männlichkeit identifizieren, sie nicht wollen...“ (Tagebuch, S. 245).

            Das Restinteresse am Körperlichen konzentriert sich bei Tokarczuk umso intensiver und ausführlicher auf die tote Anatomie, die Autorin und Erzählerin in pathologischen Sammlungen in aller Welt aufsuchen. Aber während Gombrowicz die Maske und das Versteckspiel bewusst betreibt, um die Probleme der Form im Zwischenmenschlichen insgesamt zu dekonstruieren, bemüht sich Tokarczuk um ein – esoterisch bemänteltes - ganzheitliches, stimmiges Bild. Wo Gombrowicz mit der Wirklichkeit tanzt, droht sie zerfetzt zu werden von jener Kraft, die sie nicht endgültig unter den Teppich kehren kann.

5.
            Eine Generation jünger ist eine Frau, die sich ebenso wie Tokarczuk von der Zweiwertigkeit der binären Sexualität zu emanzipieren sucht, der man das jedoch eher abnimmt. „Vielleicht steht die Form mit dem Etikett WITOLD GOMBROWICZ längst starr und hohl da wie ein verlassenes Muschelgehäuse, und seine Seele lässt es sich in jungen lebendigen Leibern wohl sein?“, hieß es in dem Akzente-Heft zum 100. Geburtstag von Witold Gombrowicz[6]. Dorota Masłowska wird es nicht den Kopf verdrehen, wenn man hier nach den Parallelen zwischen ihr und Witold Gombrowicz fragt. Die frühen Bestsellererfolge und der NIKE-Preis haben ihren selbstkritisch scharfen Blick nicht vernebeln können. Die Fragestellung soll auch nichts Verdenkmälerndes haben. Was verbindet sie mit diesem Übervater, der bis ans Lebensende ein - möglichst mutterloser - Sohn bleiben und nie leiblicher Vater werden wollte?

 
            Gender

            Wirksamer als die erwähnten angepassten Schwulen untergräbt Masłowska als weibliche Autorin mit männlichen Erzählerfiguren die Metonymien der Geschlechterbeziehungen. Sie konstruiert in der Sichtweise ihrer Erzähler, was Gombrowicz mit seiner Infragestellung des normierten heterosexuellen Begehrens explizit benennt:

„ZYRILL  Da kommt eine sehr elegante und verführerische Dame. Gar nicht übel, die Beine.

            PRINZ  Nein – wie jetzt? Immer dieselbe Tour? Immer im Kreis? Noch einmal?„ (Yvonne, Prinzessin von Burgund).

            Masłowska hegt nicht nur deutliche Sympathien für ihre männlichen Protagonisten, etwa Andrzej „den Starken“ in ihrem ersten Roman Schneeweiß und Russenrot oder Stanisław Retro aus der Reiherkönigin, sie schreibt oft aus der Perspektive dieser Helden, mag es sich auch um noch so unangenehme Zeitgenossen handeln. Andrzej ist Konsument von leichten und stärkeren Drogen, unflätig fluchend und mit einer verächtlich konsumierenden Einstellung zu allen Frauen in seiner Reichweite. In der Reiherkönigin. Ein Rap, erzählt Masłowska zwar nicht mehr in der Ich-Form, dennoch steht der Schlagersänger Stanisław Retro spürbar im Mittelpunkt des Geschehens. Die Sympathie des Erzählers gehört unüberhörbar ihm. Die ihn anhimmelnden Frauengestalten erregen allenfalls Mitleid, sind aber keine Vorbilder, eher schon „winselige Abziehbilder“ (Sonia Zekri in der Süddeutschen Zeitung vom 15. Juni 2007). Die einzige Ausnahme ist jeweils der in das fiktive Geschehen kopierte Klon der Dorota Masłowska selbst. Arbeitet sie in Schneeweiß und Russenrot als protokollführende Vernehmerin auf dem Polizeikommissariat, schreibt sie hier die Hiphop-Texte für den künftigen Star, das hässliche Mädchen. In beiden Fällen projiziert die Autorin sich als Schreibende in die fiktive Welt ihres Romans. In ihrem Theaterstück Zwei arme, Polnisch sprechende Rumänen gibt es zwei gleichberechtigte Hauptfiguren – den Schauspieler Parcha und die alleinerziehende Mutter Dschina. Auch hier hallt noch die Sympathie für den Mann nach, wenn Parcha am Ende über den mechanischen, seelenlosen Sex mit Zufallsbekanntschaften klagt, der ihn deprimiert und unzufrieden zurück lässt. Bei Masłowska sucht man ebenso vergeblich nach Liebesbeziehungen wie bei Gombrowicz, findet allenfalls Zweckbündnisse und sexuelle Kurzzeitverbindungen.

            Nach den Gründen für diese schwachen Frauenfiguren und die Dominanz des Männlichen wurde die Autorin oft befragt. Eine überzeugende Antwort lautet, dass sie desto besser schreiben könne, je weiter sie sich von ihrer eigenen, autobiographischen Perspektive entferne. Eine andere, dass es einfach keine starken Frauenfiguren gebe – weder in der Wirklichkeit, noch in der Literatur; sie sei deshalb mit männlichen Vorbildern groß geworden. Doch Gründe sind bekanntlich nur die Haut über dem Grundlosen, und bei Masłowska fasziniert ohnehin die Kluft zwischen der Wirkungskraft ihrer Kunst und der Blässe jeder diskursiven Erklärung. Die Deutung wächst immer erst nach, erzwungenermaßen, in Interviews und auf Lesereisen. Aber allmählich wächst auch die Frau in ihr, und mit ihr werden vermutlich auch ihre Frauengestalten – wie schon die Dschinna in den Rumänen - stärker werden.

    
    Vielstimmigkeit

            Gender und Camp, also das Spielerische, das Versteckspiel, die Ironie, sind bei Masłowska eng miteinander verknüpft. Die durch die unsichere, schillernde Gender-Identität ihrer Erzähler geförderte Polyphonie hat sie mit Gombrowicz gemeinsam. Schon im Tagebuch übt sich Gombrowicz in einer Vielstimmigkeit, die von der formalen Gleichheit des Personalpronomens („Ich, Ich, Ich...“) überdeckt ist. Mit der Form des Ich-Erzählers jongliert er auch in seinen Romanen, etwa Trans-Atlantik, wo der Erzähler und der Puto als zwei Stimmen einer polyphonen Debatte "innerhalb Gombrowiczs" verstanden werden müssen. Diese schillernde Mehrstimmigkeit stellt Masłowska in einen Gegensatz zu den oben genannten „aufrecht Empörten“, macht sie aber auch angreifbar. Man wirft ihr vor, sie schütte einen Kübel Müll vor dem Leser aus und lasse ihn ratlos beim Anblick des Bösen in dieser Welt, biete ihm keine positiven Ideale.

Zitat 

Stilmittel, mit denen Masłowska viel stärker arbeitet als Gombrowicz, sind das Zitat und die belebte Rede. Das ermöglicht ihr die Integration zahlreicher politisch nicht korrekter Äußerungen, zum Beispiel gegen die Farbigen:

„dann gibt es noch eine Anzahl Menschen auf der Welt, eine Million oder Milliarde, eine große Zahl ist es allemal, und dazu die Neger, und jeder von ihnen existiert simultan“[7]

oder die Juden:

Dieses Lied aus Mitteln der Europäischen Union geht schon zu Ende.  Zu seiner Verbreitung wurden bewusst Juden und Freimaurer engagiert. Auf diese Weise fallen mögliche Unlust, Empörung und Aufschrei des Rezipienten  nicht einfach auf ihn selbst und seine literarisch abweichenden Präferenzen zurück, oder gar darauf, dass er’s einfach nicht gelesen hat, sondern auf den Tatbestand, dass er sich von Juden und Freimaurern nicht einseifen lässt und immun ist gegen die Scheiße, die man ihm aufdrücken will, gegen die Geißel der Medien und den Kot der Massenkultur.“[8]

Solche politische Inkorrektheiten, auch wenn sie in der Verkleidung des Zitats daherkommen, verwehren Masłowska – ganz abgesehen von ihrem Alter - bislang die Rolle des wieszcz, der autoritativen Dichterprophetin. Sie war sogar der Grund dafür, dass die Zwei armen, Polnisch sprechenden Rumänen in den USA zwar übersetzt, aber nicht auf die Bühne gebracht werden konnten. Ein ähnlicher Fall ist die Autorin Irene Dische, der in den USA leiseste Kritik am Jüdischen aus den Texten zensiert wird.

            Aus den genannten Gründen kann Masłowska auch jene Rolle im deutschen Kulturbetrieb noch nicht erfüllen, die mit Vorliebe gut eingebürgerten polnischen Autoren aufgetragen wird. Jahre lang spielte sie Andrzej Szczypiorski als jemand, der die polnische Opfersicht mit Verständnis für alles Deutsche verband. Inzwischen scheint ihn Andrzej Stasiuk abgelöst zu haben. Das deutsche Publikum hält sich seinen Stasiuk wie einen gezähmten Beskiden-Bären, lässt sich ab und zu von ihm vortanzen, um sich daran zu erinnern, wie grausam und gefährlich das Leben jenseits der Wände des bundesdeutschen Wohnzimmers ist. Dabei merken die Leser nicht, dass eigentlich sie von diesem Bären an der Nase herum geführt werden. Stasiuk mimt den wilden Mann aus dem Osten, er nimmt seine braven deutschen Gastgeber auf die Schippe, aber immer nur bis zu einer gewissen Grenze, so dass niemand beleidigt ist und er weiterhin eingeladen wird. Im Grunde ist dies nur eine raffinierte – und angesichts der Bedeutung Stasiuks gar nicht notwendige - Form jener „Deutschtümelei“, mit der Chwin, Huelle und andere sich beim deutschen Leser lieb Kind machen.

Davor, derart als Sprachrohr polnischer Befindlichkeiten für das Ausland missbraucht zu werden, ist Dorota Masłowska nicht zuletzt durch ihren ausgeprägten Argwohn gegen leere Worthülsen gefeiht. Bei den letzten polnischen Parlamentswahlen, bei denen die PiS bekanntlich einen Denkzettel verpasst bekam, konnte sie diese Abstinenz unter Beweis stellen. Die Redaktionen der großen deutschen Tageszeitungen riefen damals bei einschlägig bekannten polnischen Autoren an. Wie zu erwarten, äußerten die meisten ihre Zufriedenheit. Nur Masłowska verweigerte die Aussage. Diese Unbestimmtheit in Verbindung mit bestimmten moralischen Vorstellungen (etwa in der Abtreibungsfrage) bringt sie leicht in den Verdacht, eine „versteckte Konservative“ zu sein. Dorota hat trotz ihrer jungen Jahre schon ein feines Gespür dafür, wie sie von bestimmten publizistischen und politischen Gruppen in Polen instrumentalisiert wird, zuvörderst vom „Club“ der Gazeta Wyborcza. In dieser Verweigerung durchschaubar politischer Statements ähnelt sie wiederum Witold Gombrowicz, der so gut wie nie politische Erklärungen unterschrieb, auch wenn sie einen guten Zweck verfolgten. Gombrowicz hat sich durch kritische Äußerungen über die Instrumentalisierung des Holocaust und des polnischen Leids im Zweiten Weltkrieg sehr geschadet. Für ihn kam in der Tatsache, dass einem kleinen Fisch im Ozean der Schwanz abgebissen wird, das existentielle Ausgeliefertsein alles Lebenden an das Böse klarer zum Ausdruck als in den mythologisierten Tragödien der Zeitgeschichte. Diese Freiheit des Denkens macht ihn bis heute anstößig und provoziert etwa katholische Deutungsversuche, die ihn wieder in die Gitterstäbe der herkömmlichen Moral zurück zwingen wollen[9].

        Urbanität

    Ebenso wie Gombrowicz, ist Masłowska eine Autorin der urbanen Lebenswelt, des städtischen (anfangs klein-, jetzt großstädtischen) Milieus. Das hebt sie von der starken Linie jener dörflich-provinziellen Prosa ab, die Marcel Reich-Ranicki einst in Bausch und Bogen als uninteressant disqualifizierte. Zum Polenschwerpunkt auf der Frankfurter Buchmesse 2000 schalt der Kritiker die polnische Prosa – Stasiuk, Tokarczuk und Tulli in einen Topf geworfen - provinziell und obskur. Einzig die polnische Lyrik sei der Rede wert. Reich-Ranicki störte sich an der Provinzialität dieser Prosa – dem Dörflichen, Nicht-Städtischen, Zurückgebliebenen. Offenbar aber begünstigen die Rezeptionsmechanismen im Westen, besonders in Deutschland als wichtigstem Durchgangsland und als Startbahn für die polnische und ostmitteleuropäische Literatur, diese Bilder von Zerfall, Alkoholismus, Rückständigkeit, Aberglaube und Zauberwelten. Das gilt auch für andere mittelosteuropäische Literaturen. Eine begabte Autorin wie die junge Ukrainerin Tanja Maljartschuk bedient exakt diese Richtung. Suspekt erscheint dieses westliche Sentiment für den Verfall, solange er jenseits der eigenen Grenzen liegt und ästhetisch gefahrlos konsumiert werden kann, weil er nicht den eigenen Habitat gefährdet (man denke etwa an den bei Suhrkamp erschienenen Band Last and Lost). Im Grunde handelt es sich hier um eine subtile Wiederkehr des alten germanischen Kolonialismus über den Osten, nur diesmal in der perfiden Form des herablassenden Kopfstreichelns, verbunden mit eigenem ästhetischem Genuss.

          
        Sprachliche Innovation

    Nicht zuletzt ist es der Eindruck der sprachlichen Innovation, der Gombrowicz und Masłowska verbindet. Die Wortneubildungen in Schneeweiß und Russenrot stehen denen in Ferdydurke nur wenig nach. Das Buch verursachte eine ähnlich grandiose Wirkung wie seinerzeit Gombrowiczs erster Roman. Der erste Eindruck war, als würde ein Fenster in einem stickig gewordenen Zimmer geöffnet. Übrigens reagiert auch die Kritik in vielerlei Hinsicht vergleichbar. Beiden Autoren wurde der Vorwurf mangelnden Patriotismus gemacht.

 6.
    Gombrowicz hat den Schrecken über seinen möglichen Sohn mit ins Grab genommen. Augenscheinlich ist es eine Tochter, die Teile seines Genoms in ihrem eigenen Schreiben fortentwickelt und die von der Kultur vererbte Information mit ihrer Energie in Leben verwandelt. Ihre eigene Zeugungskraft lässt sich daran ablesen, dass Witkowski sich gern als „Sohn Masłowskas“ bezeichnet. Wie bei Genomen üblich, geschieht die Vererbung nicht bewusst. Die Dschinna in Masłowskas Theaterstück Zwei arme, Polnisch sprechende Rumänen ist eine junge Frau, die über weite Strecken schweigt. Die Parallelen zwischen ihr und Gombrowiczs Iwona fallen ins Auge. Als ich die sehr belesene Vierundzwanzigjährige auf diese Ähnlichkeit hinwies, stellte sich heraus, dass sie dieses Theaterstück gar nicht kennt. Die Lektürepflicht in polnischen Schulen hat offenbar zur Folge, dass Witold Gombrowicz längst nicht mehr so begeistert gelesen wird als zu der Zeit, als er noch verboten war. Doch Muster und Vorbilder vererben sich auf geheimnisvollen Wegen. Und Masłowskas zunehmende literarische Hinwendung zu Frauenschicksalen hängt auch mit ihrer eigenen Biographie zusammen. Gombrowicz jedenfalls könnte auf diese späte Enkelin stolz sein.

 Olaf Kühl

 



[1] Witold Gombrowicz. Tagebuch. Gesammelte Werke. München: Carl Hanser Verlag 1988, S. 973.

[2] Tagebuchfragment über Serge Russovich, aus dem Nachlass des Autors bei Rita Gombrowicz.

[3] Susan Sontag, Geist als Leidenschaft. Ausgewählte Essays, Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig und Weimar 1990, S. 46.

[4] Michał Witkowski. Lubiewo. Roman. Aus dem Polnischen von Christina Marie Hauptmeier. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2007, S. 290.

[5] Stichwort „Deutschtümelei“ in : Alphabet der polnischen Wunder. Hg. Stefanie Peter. Illustriert von Maciej Sieńczyk. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2007, S. 47 – 49.

[6]  Akzente Heft 3/Juni 2004, S. 202

[7] Dorota Masłowska. Die Reiherkönigin. Ein Rap. Illustrationen von Maciej Sieńczyk. Köln: Kiepenheuer & Witsch 2007, S. 61.

[8]  op.cit. S. 145

[9] Edward Fiała. Homo transcendens w świecie Gombrowicza. Lublin: Wydawnictwo KUL 2002. [Rezension in Zeitschrift für Slawistik 49 (2004) 1, S. 116-120]